Teil der Überlegungen zur Bildgestaltung ist auch, die richtige Perspektive zu finden. Bei freien Arbeiten sollte man sich die Frage beantworten, was meine Idee unterstützt, die ich zum Ausdruck bringen möchte. In der Werbefotografie; wird die gewünschte Aussage unterstützt.
In sozialen Medien wird gerne die Froschperspektive als Gestaltungsmittel angepriesen. Und ja, diese mag wirken, weil sie außergewöhnlich ist. Manchmal ist die aus der Örtlichkeit geboren, so setzt z. B. Scott Kelby diese gerne bei seinen Aufnahmen aus Kirchen ein. Hintergrund ist aber an dieser Stelle, dass in den Kirchen meistens kein Stativ erlaubt ist. Die Kamera ist also, um hohe ISO-Zahlen zu vermeiden, auf einem Plattenstativ am Boden platziert. Wir alle besichtigen aber Kirchen nicht als Frosch. Wir gehen in die Kirche und haben dann eine vollkommen andere Perspektive. Um die Kirche als Kulturgut darzustellen, das man besichtigen sollte, ist die Froschperspektive also ungeeignet. Hier würde ich immer die Postion im Stehen wählen. Und als Ort der Stille und Einkehr eine sitzende Position.
Für Hotels, Ferienwohnungen und Restaurants gilt es auch, die richtige Perspektive einzunehmen. Bei den Überlegungen im Vorfeld sollten die Gedanken also erst einmal weg vom Motiv hin zu Betrachter. Aus welcher Perspektive nimmt er ein Zimmer oder den Gastraum wahr? Was ist die gewünschte Aussage? Wenn hier die Perspektive und die gewünschte Aussage nicht zueinanderpassen, dann wird das Bild auch nicht die gewünschte Wirkung haben. Negative Beispiele habe ich in der letzten Zeit in den sozialen Medien etliche gesehen. Und das nicht von einem Ferienwohnungsbesitzer, der mal eben selbst Werbung für sein Objekt machen möchte. Nein, diese Negativbeispiele kommen von Marketingexperten, von Werbeagenturen. Offensichtlich kann man Kunden gewinnen, mit Werbemaßnahmen in sozialen Medien, die Regeln der klassischen Kommunikation außer Acht lassen.
So wird das Wirtshaus in einem Reel voller Schwenks gezeigt, gefilmt aus stehender Perspektive. Leere Tische, man will doch keine Persönlichkeitsrechte verletzen, führen die über das Bewegtbild gelegte Aussage »komm und genieße urige Gemütlichkeit« noch mehr ins Absurdum. Und unterlegt ist das Ganze dann auch noch von Jazz im Loungestil.
Aber zurück zur Perspektive und weg von Bewegtbild und musikalischer Untermalung. Wie würde ich die Sache lösen? Gemütlichkeit erlebt man nicht im Stehen! Und nicht nur, weil ich leidenschaftlich fotografiere; ein Bild bringt die Aussage zur Geltung. Also ein Bild aus der Position des Gastes, der es sich auf der Bank gemütlich gemacht hat. Und wenn ich nun auch vermeiden will, dass ich Modelle bezahlen muss, ändere ich den Claim in: »Bei uns ist es so gemütlich, dass Du nicht nach Hause willst!« Und um diese Aussage zu transportieren, kommt ein Bierglas, das mit einem frischen Schnitt gefüllt ist, direkt in den Fokus vor der Kamera. Auf dem Tisch leere Biergläser, ein Kartenspiel (mit deutschem Bild – Regionalität) und eine Schnupftabakflasche runden das Bild eines gemütlichen Abends ab.
Die Umsetzung des Projektes folgt, getreu dem Motto, aus den Fehlern der anderen lernen.
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